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Wer will Wegweiser in die Wildnis werden?

12. Februar 2019, Pia Ditscher - Frankfurt

Frankfurt bildet wieder "WildnisLotsen" aus

Wir brauchen engagierte Unterstützer, die Wege in die "Wildnis" weisen und uns helfen, die Menschen für Stadtwildnis zu begeistern und zu gewinnen.

Das Umweltamt Frankfurt bildet deshalb auch in diesem Jahr wieder „WildnisLotsen“ aus, die sich für Stadtwildnis engagieren und den Besuchern der Flächen Wissen vermitteln möchten. An fünf Wochenenden können interessierte Naturfreudinnen und -freunde einen Einstieg in die Umweltbildung finden, indem sie Tiere und Pflanzen der Stadtwildnis kennenlernen und sich Herangehensweisen erarbeiten, um Menschen für Wildnis in der Stadt zu begeistern.
Gemeinsam mit dem Umweltamt-Team des Projektes „Städte wagen Wildnis“ wurden in den vergangenen Monaten die Inhalte der Fortbildung zusammengestellt. Hierzu gehört neben den Naturthemen und einer Einführung in geltende Umweltschutzbestimmungen auch ein Kommunikationstraining. So können die WildnisLotsen zukünftig nach erfolgreicher Ausbildung im Bürgerdialog für Stadtwildnis werben sowie selbst unterhaltsame und dabei lehrreiche Exkursionen für Kinder und Erwachsene anbieten. Die WildnisLotsen-Einsätze im Rahmen des Projekts werden stundenweise entlohnt. Die fünf Kurseinheiten finden von März bis Mai 2019 in der Natur oder in Seminarräumlichkeiten wie etwa dem Grünen Klassenzimmer am Alten Flugplatz Bonames  statt. Die Kursleitung wird inhaltlich auch durch mehrere versierte Fachleute regionaler Forschungseinrichtungen und Naturschutzverbände unterstützt.

Zur Anmeldung für die Fortbildung sind alle interessierten Volljährigen aufgerufen, die Spaß an Stadtnatur und deren Vermittlung haben. Das Anmeldeformular findet sich auf der unten angegebenen Webseite. Die Kursgebühr beträgt 250 Euro inkl. Getränke und Imbiss während der Fortbildungseinheiten.

Interessierte haben am Mittwoch, 20. Februar, 18 Uhr, die Gelegenheit, Inhalte, Ablauf und Organisatorisches rund um die Fortbildung kennenzulernen. Die Info-Veranstaltung im Grünen Klassenzimmer am Alten Flugplatz Bonames dauert etwa 1,5 Stunden. Alle Bürgerinnen und Bürger sind dazu herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Termine der Kurseinheiten für die Ausbildung sind: Freitag, 8. und Samstag, 9. März; Samstag, 23. und Sonntag, 24. März; Samstag, 13. und Sonntag, 14. April; Samstag, 11. und Sonntag, 12. Mai; Samstag, 25. und Sonntag, 26. Mai. Weitere Auskünfte zum Projekt erteilt  Dr. Thomas Hartmanshenn, Abteilungsleiter „Umweltvorsorge“ im Umweltamt und Koordinator von „Städte wagen Wildnis“, Telefon (069) 212-39145, E-Mail: thomas.hartmanshenn(at)stadt-frankfurt.de 


Was ist urbane Wildnis? – Ein Erklärungsversuch

11. Februar 2019, Pia Ditscher - Frankfurt

VON THOMAS HARTMANSHENN

Welches Verständnis hat das Projekt vom Begriff „Wildnis“ und welche Ansätze für die Steigerung der Diversifizierung von Lebensräumen finden Gebrauch?

Der Erhalt beziehungsweise die Steigerung der Arten- und Biotopvielfalt in den Städten gehört zu den Kernzielen von "Städte wagen Wildnis". Dieses Ziel ist eng mit dem Begriff der „urbanen Wildnis“ verknüpft. Für diesen Begriff haben sich die Projektpartner im Februar 2017 auf eine Definition verständigt, die wesentlich durch die bis dahin gemachten Erfahrungen bei der Durchführung des Vorhabens geprägt war:

 „Wildnis in der Stadt bedeutet das Zulassen von Eigendynamik und natürlichen, von Zufall geprägten Entwicklungsprozessen. Um die Nutzbarkeit und Erlebbarkeit für die Stadtbevölkerung zu ermöglichen sowie Ziele der biologischen Vielfalt zu erreichen, können sich nicht alle Projektflächen vollständig zu Wildnis entwickeln“.

Erste Beispiele für Eingriffe auf den Flächen waren und sind die Pflegemaßnahmen am Fuße des Monte Scherbelino in Frankfurt, wo aufgrund des Vorkommens des Flussregenpfeifers keine freie Sukzession zugelassen wird (Notwendigkeit des Erhalts des günstigen Lebensraums für bedrohte Arten), ebenso wenig wie innerhalb der Halophyten- Gesellschaften am salzhaltigen Wasser des Flüsschens Fösse in Hannover. Zur Fortsetzung der intensiven Nutzung der Grünverbindung am Lindener Berg in Hannover durch Fußgänger, Radfahrer und Erholungssuchende wird auf der Projektfläche ein Kompromiss zur Förderung urbaner Wildnis verfolgt. Auf Teilen des weniger genutzten Mittelstreifens zwischen Rad- und Fußgängerweg wurden um vorhandene Bäume herum Wildnisinseln angelegt. Hier wird nicht eingegriffen, während zwischen diesen Inseln der Sukzession rund sechs Meter breite Freiflächen regelmäßig gemäht werden. In Dessau-Roßlau werden die Projektflächen am Räucherturm und Kohlehandel in unmittelbarer Nähe zur zentrumsnahen Wohnbebauung gemäht mit dem Ziel, die artenreichen und schön blühenden Wiesen zu erhalten.  

Weitere Projekterfahrungen und zuvor nicht absehbare Möglichkeiten der Gestaltung haben im Februar 2018 zu einer Fortschreibung des Selbstverständnisses von „urbaner Wildnis“ im Kontext des Projektes geführt. Dies betrifft insbesondere die Klärung der Frage, welche Eingriffe auf den Flächen nötig sind bzw. möglich sein müssen – im Sinne der Zielerreichung (Arten- und Biotopvielfalt – aber auch was die Erfahrbarkeit der Wildnis anbetrifft). Die Projektpartner sind sich darin einig, dass das Vorhaben „Städte wagen Wildnis“ angesichts der realen Rahmenbedingungen in den drei Projektstädten und der zum Teil dramatischen Entwicklung beim Rückgang der Arten (insbesondere Insekten) einem spezifischen Verständnis von urbaner Wildnis folgen möchte. Mögliche Ausnahmen von der ungestörten Sukzession der Lebensräume, wie sie die Definition vom Februar 2017 einräumt, betreffen die Verkehrssicherungspflicht auf den Flächen ebenso wie den Artenschutz, wofür die oben angeführten Beispiele stehen.  Aber auch der Projektansatz „Vielfalt erleben“ führt zu Eingriffen und Investitionen in die Fläche, die der Umweltbildung, der Orientierung und Besucherlenkung wie auch der Steigerung des Erlebniswertes dienen.

Die urbane Wildnis ist stets durch den Menschen beeinflusst. So zeigen eine Reihe von Projektstandorten ökologische Ausgangsbedingungen, die extrem anthropogen geprägt sind und damit eine nur eingeschränkte Regenerationsfähigkeit/ Sukzessionsdynamik erwarten lassen (vergleiche Monte Scherbelino oder auch die ehemaligen Keller auf Rodebille in Dessau-Roßlau) – insbesondere mit Blick auf die Projektlaufzeit. Aus diesem Umstand wie auch aus der selbst definierten Verantwortung gegenüber bestimmter Arten ziehen wir den Schluss, dass man im Zuge des Projektes angepasste Starthilfen für die Steigerung der Arten- und Biotopvielfalt leisten kann beziehungsweise „darf“, womit gezielt beziehungsweise punktuelle Eingriffe auf den Projektflächen verbunden sind – in der Regel mit dem Ziel des Erhalts und/oder der Schaffung bestimmter Lebensräume. Die punktuellen Eingriffe können reichen von der Extensivierung beziehungsweise Staffelung der Mahd (auf Erhöhung der Arten sowie des Erlebniswertes zielend), über extensive Beweidung, Rückschnitte und Artenentfernung bis hin zur Anlage und dem Freihalten spezifischer Kleinbiotope wie zum Beispiel Sandflächen oder Biotophölzer (Bilder hierzu unter dem Artikel). Durch das Verfüllen von Geröllhalden am Standort Monte Scherbelino in Frankfurt oder der ehemaligen Keller auf Rodeville in Dessau-Roßlau mit Sand beeinflusst beziehungsweise fördert das Projekt Lebensräume für Wildbienen und andere Erd- und Sandbewohner. Damit das so bleibt, müssen die Flächen weitgehend von Bewuchs freigehalten werden.

Die Realität (zum Beispiel Art und Intensität der Landnutzung oder Grad der Entwicklung der Sukzession) zeigt eine Vielzahl von Stadien oder Phasen der ökologischen Entwicklung bzw. Wertigkeit. Damit wäre eine Flächen- oder Zustandsbewertung, die lediglich zwischen „wild“ oder „nicht wild“ unterscheiden würde, nicht hinreichend. Im Vorhaben steht der Prozessschutz flächenmäßig vor Artenschutz. Solche Flächen wurden einst auch ohne Einfluss des Menschen geschaffen oder bewahrt (saisonale Überschwemmungen, Wildweide und vieles mehr) beziehungsweise sind sie im Zuge generationsübergreifender Traditionen extensiver Bewirtschaftung entstanden. Mit den gewählten Eingriffen wird Artenvielfalt nachhaltig gefördert. Zugleich steigen die Möglichkeiten, diese Vielfalt auch erleben zu können. Die Schaffung von Blickachsen, das Einrichten Grüner Klassenzimmer und wegebauliche Erschließungen sind Beispiele für die gezielte Steigerung der Erfahrbarkeit von Wildnis. Das heißt im Projekt „Städte wagen Wildnis“ dienen die Eingriffe/die Pflege dem Erreichen der formulierten Ziele. Mit diesem Ansatz begegnet das Projekt zugleich der Herausforderung, die Menschen mitzunehmen, wie etwa Besucher oder Nutzer der Flächen. Das Projekt muss Möglichkeiten bieten (so eines der Projektziele), Stadtwildnis zu verstehen und zu akzeptieren. Kurzfristige radikale Veränderungen beeinträchtigen die Wahrscheinlichkeit der nachhaltigen Zielerreichung (Akzeptanz) negativ.


Wildnisbewohnerin des Monats Januar: Deutschlands bekanntester Singvogel

29. Januar 2019, Pia Ditscher - Frankfurt

Foto: (c) Chris Lange-Kabitz

Die Amsel (Turdus merula) ist die in Deutschland am häufigsten vorkommende Vogelart und gehört zur Familie der Drosseln. Und klar, sie fühlt sich auch auf unseren Stadtwildnis-Flächen wohl! Die schwarzen Männchen haben orange-gelbe Schnäbel und gelbe Augenringe. Durch die Farbe der Männchen hat die Amsel ihren zweiten Namen erhalten: Schwarzdrossel. Amselweibchen sind mit ihrer durchgängig braunen Farbe vergleichsweise unauffälliger. Während Amseln bis vor 150 Jahren noch vor allem im Wald lebten und recht scheu waren, findet man sie heute häufig nahe der Zivilisation, zum Beispiel in Gärten, wo man vor allem von März bis August ihrem melodiösen Gesang lauschen kann: www.deutsche-vogelstimmen.de/amsel/

Sie fressen gerne Regenwürmer, Schnecken, Spinnen und Insekten, aber auch Früchte und Beeren stehen auf ihrem Speiseplan. Ihre Nahrung suchen sie vor allem auf dem Boden, wo sie sich neben Katzen und Mardern vor allem vor Greifvögeln in Acht nehmen müssen. Amseln kommen in Europa fast flächendeckend vor, nur ganz im Norden und im äußersten Südosten findet man sie nicht. Auch in Teilen Nordafrikas und Asiens fühlt die Amsel sich wohl. Bei uns brütet sie in der Regel dreimal im Jahr, manchmal sogar noch häufiger. Während der Brut verteidigen Männchen und Weibchen ihr Revier gegen Rivalen, außerhalb der Brutzeit sind Amseln aber eher soziale Vögel, die man zum Beispiel beim Baden mit mehreren Artgenossen beobachten kann.

Schlagzeilen hat die Amsel in letzter Zeit vor allem wegen des Usutu-Virus gemacht, das durch die Hausmücke Culex pipiens übertragen wird: Im Sommer hat das aus Südafrika eingeschleppte Virus in Deutschland ein Amselsterben ausgelöst, das die Vorjahre in seinem Ausmaß übertroffen hat. Zahlenmäßig wird das Virus den Amselbeständen in Deutschland aber bisher nicht gefährlich: Diese sind weiterhin wachsend.


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